In den sog. "Stanzen" in den Vatikanischen Museen (einst Gemächer im Vatikanpalast, die für Julius II. ab 1508 errichtet wurden) malt der berühmte Maler Raffael das Wandbild die "Schule von Athen". Das Thema ist eine Huldigung der antiken Philosophie.
Im Werk verewigt Raffael einige Kollegen, als Denker "verkleidet". Zeitgenossen wie Leonardo, Bramante, Michelangelo sind dargestellt.
Die vorderste einsame Figur im Vordergrund ist Michelangelo (als Heraklit dargestellt). Der Florentiner Meister arbeitete gerade ein Stockwerk tiefer an der Decke der Sixtinischen Kapelle (1508-12). Versunken in seinen Gedanken sitzt er auf den Stufen des Tempels des Wissens.
Er blickt eindeutig auf sein kaputtes Knie.
Medizinisch gesehen ist das kaputte Knie Michelangelo klar definierbar.
Der Wiener Arzt Dr.Erich Altenburger (Spezialgebiet: Gelenke, v.a. Knie) schickt uns seine geschätzte Meinung mit der Diagnose des kaputten Knies Michelangelos:
"Bei Raphaels Bild könnte es sich um einen Kniescheiben-Trümmerbruch im Sinne einer C3.1, 2 oder 3 handeln. Dabei bricht die gesamte Kniescheibe. Durch die meist massive Gewalt (Sturz direkt auf die Kniescheibe) wird der gesamte Streckapparat verletzt (Kniescheibe und darüber laufende Sehne) sodass bei fehlender OP, Ruhigstellung des Beines durch den Muskelzug des großen Oberschenkelmuskels es zu einer Diastase der Bruchstücke kommt, die dann eine Funktionseinbuße (fehlende mögliche Streckung) nach sich zieht. Die Kniescheibe heilt in Fehlstellung und die Kniescheibenform ist von außen sichtbar deutlich mit einer zentralen Einziehung verändert. Es könnte sich hier aber auch durch eine Verletzung/Abnützung der Gelenksteile des Kniegelenkes (Femur und Tibia) verursachte Arthrose des Kniegelenkes handeln, bei der die Kniescheibe in der Mitte normal ist aber der Oberschenkelknochen deutliche Knochenanlagerungen (Osteophyten) zeigt. In beiden Fällen wahrscheinlich Trauma bedingt, z.B. ein Sturz aus großer Höhe direkt auf das Knie."
In Künstlerkreisen kursierte zu Raffaels Zeit die Anekdote über den närrischen Bildhauer Michelangelo: er hätte im nächtlichen Schöpfungsrausch bei der Arbeit die Moses-Statue angesprochen. Irritiert vom Schweigen der Statue, habe er auf ihr Knie eingehämmert, mit dem Ausruf "perchè non parli!" (dt. "warum sprichst Du nicht!"). Sie sei so vollkommen dass ihr nur das Wort fehle.
Tatsächlich hat die Moses-Statue in der Kniepartie einen Längsriss, der auffällt.
Raffael charakterisiert in seinem Wandbild im Vatikan Michelangelo mit diesem anatomisch-anekdotischen Merkmal. Einen weiteren Zeitgenossen, den Architekten Bramante, stellt er im selben Wandbild rechts mit einer auffälligen Glatze dar.